Flug verpasst wegen Warteschlange: Was ist jetzt Ihr gutes Recht?

von mietwagen.de Redaktion

Dieser Sommer hat es in sich! Immer wieder wird von endlosen Warteschlangen bei der Flugabfertigung berichtet. Aber was ist eigentlich, wenn man deshalb seinen Flug verpasst und verspätet oder gar nicht fliegen kann? Mietwagen.de klärt auf, was Sie dann in Sachen gebuchtes Hotel, Ferienhaus, AirBnB und Mietwagen erwartet.
Ausnahmesituation an deutschen Flughäfen
Wer in diesem Jahr in den Urlaub fliegen will, der sollte jede Menge Geduld im Gepäck haben – und genügend Zeit einplanen. Denn die Lage an den Flughäfen ist weiter angespannt. Grund hierfür sind die teils extrem langen Warteschlangen beim Check-In und bei der Sicherheitsabfertigung. Besonders betroffen hiervon sind Flüge zu besonders beliebten Urlaubsregionen wie die Kanaren oder nach Mallorca.
Ärgerlich, denn immer wieder verpassen Reisende wegen langsamer Sicherheitskontrollen ihren Flug. Besonders ärgerlich, wenn es sich um den Start in den Urlaub handelt, denn dann hängt meist ein „Rattenschwanz“ von Problemen daran. Selbst wenn man auf einen anderen Flug umgebucht wird, stellen sich zahlreiche Fragen: Was passiert mit dem reservierten Mietwagen? Bekomme ich mein gebuchtes Hotelzimmer noch oder stehe ich plötzlich ohne Dach über dem Kopf da? Oder: Habe ich wenigstens eine Chance auf eine Entschädigung?
Klarer Fall: Annullierung eines Flugs
Während die Rechtslage etwa bei der Annullierung eines Fluges durch die Airline relativ eindeutig ist, gestaltet sich das Ganze beim Verpassen eines Flugs unter diesen Bedingungen tatsächlich etwas komplizierter. Streicht die Fluggesellschaft ihren Flug, so hat der Reisende einen verbrieften Anspruch auf Entschädigung. Dies umfasst nicht nur den Flug an sich, sondern ebenso die Kosten für die vor Ort gebuchte Unterkunft oder einen Mietwagen. Zudem erhält der Reisende ein eventuell am Flughafen benötigtes Quartier bezahlt. Kann er nicht auf den nächstmöglichen Flug warten und entschließt sich, seine Reise per Bahn oder mit dem Mietwagen fortzusetzen, so erstattet die Fluggesellschaft die Kosten, die den Ticketpreis des Fluges übersteigen.
Verpasster Flug: Knackpunkt Eigenverschulden
Wird ein Flug dagegen durch den Reisenden verpasst, so ist eine Entschädigung normalerweise nicht vorgesehen, da es sich hierbei ja (meist zumindest) um Eigenverschulden handelt. Die Devise ist: Wer verschläft, hätte sich einen zweiten Wecker stellen können. Wer im Stau auf dem Flughafenzubringer steht, hätte früher losfahren müssen. Wird der Flug jedoch verpasst, weil die Abfertigung bei der Sicherheitskontrolle so viel Zeit in Anspruch nimmt, ist die Sachlage tatsächlich schwieriger. Während Reisegäste argumentieren, sie hätten den Flug ja nicht aus eigener Schuld verpasst, halten Airlines oftmals dagegen. Da die Probleme bei den Sicherheitskontrollen ja bekannt wären, hätten die Fluggäste dies einplanen und früher am Airport erscheinen müssen …
Die Gründe für die Probleme
Was stimmt denn nun?, fragen sich nun viele verwirrt – und diese Frage ist wirklich berechtigt. Während viele denken, dass die langdauernden Sicherheitsabfertigungen noch immer Nachwirkungen der Corona-Pandemie wären, ist dies nur zum Teil richtig. Wesentlich entscheidender ist die Tatsache (so das Ergebnis einer Analyse der „Hannover Allgemeinen Zeitung“ (HAZ)), dass die Sicherheitskontrollen nicht mehr durch die Bundespolizei durchgeführt werden. Vielmehr hat die Behörde das Ganze privatisiert und lässt die Kontrollen nun von privaten Dienstleistern durchführen. Der angenehme Nebeneffekt: So ist dieser Service deutlich günstiger für die Behörde. Unglücklicherweise herrscht nun durch zahlreiche Corona-Infektionen bei den Privaten jedoch Personalmangel. Eine kurzfristige Aufstockung ist schwierig, denn die Ausbildung dauert mehrere Monate.
Laut einem Leser der HAZ wird die nun teilweise wirklich skurril: „Und es ist absurd: Es werden immer die vorgelassen, deren Flugzeug gerade weg ist, sodass diejenigen weiter warten, deren Flugzeug gleich abhebt“. Unter dem Strich bedeutet dies: Zu hohes Passagieraufkommen – zu wenig Kontrolleure. Eine Gleichung, die leider nicht aufgehen kann, weshalb es sinnvoll ist, über seine Rechte Bescheid zu wissen.
Schadensbegrenzung: Reagieren Sie möglichst schnell
Haben Sie eine Unterkunft bzw. einen Mietwagen gebucht bzw. reserviert, so handelt es sich um eine verbindliche Absprache. Meist wird in der Buchungsbestätigung eine Uhrzeit festgelegt, bis zu der Sie eingecheckt bzw. das Fahrzeug in Empfang genommen haben müssen. Schaffen Sie diese Zeit nicht, so verfällt Ihre Reservierung – aber die Kosten werden trotzdem fällig. Eine gute Idee ist es daher, sich entweder rechtzeitig zu melden und die Leistung zu stornieren, oder abzusprechen, dass man später ankommt. Teilweise sind Kulanzregelungen möglich, wobei Sie jedoch meist trotzdem zumindest für einen Anteil der nicht in Anspruch genommenen Zeit aufkommen müssen. Aus diesem Grund stellt sich meist schnell die Frage nach einer Entschädigung für den verpassten Flug. Was viele nicht wissen: Ihr Ansprechpartner ist in diesem Fall nicht die Airline, sondern vielmehr der Bund – und manchmal zusätzlich auch noch der Flughafenbetreiber. Die Fluggesellschaft ist nur dann in der Pflicht, wenn es Verzögerungen beim Check-In gab.
Die aktuelle Rechtslage
Die entscheidende Frage bei all dem: War es Eigenverschulden, dass Sie den Flug versäumt haben – oder nicht? Waren Sie früh genug am Check-In und wurden tatsächlich bei den Sicherheitskontrollen zu wenig Kontrolleure eingesetzt und haben Sie deshalb die Maschine verpasst? Im zweiten Fall haben Sie eine Chance auf eine Entschädigung. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte Anfang 2022 in einem entsprechenden Fall zwei Fluggästen einen Entschädigungsanspruch zugesprochen (AZ 1 U 220/20). Bereits 2016 hatte zudem das Amtsgericht Erding 2016 geurteilt, dass ein Passagier die Mehr- und Umbuchungskosten für seine Reise in Höhe von 80 % erstattet bekommt (AZ 8 C 1143/16).
Von großer Bedeutung in Bezug auf die Haftung ist allerdings der Nachweis, dass man rechtzeitig bei der Abfertigung war. 2017 hat der Bundesgerichtshof die Klage einer Familie auf Entschädigung abschlägig beschieden, weil diese weniger als 60 Minuten vor Abflug vor Ort war (AZ A III ZR 48/17). Hier hatte die Prüfung des Handgepäcks wegen Bombenverdacht länger gedauert. Ein guter Richtwert sind dagegen rund zwei bis zweieinhalb Stunden vorher.
So vermeiden Sie das Problem
Das Fatale: Wer in der Urlaubszeit nun auf Nummer sicher gehen will und vier Stunden vorher durch die Abfertigung will, verschärft das Grundproblem höchstwahrscheinlich nur noch mehr. Denn dann wird genau das Problem geschaffen, dass zu früh am Airport Angekommene in derselben Warteschlange mit denen stehen, die um ihren Flug zittern. Und man nimmt diesen womöglich die Chance, noch rechtzeitig die Maschine zu erreichen …
Was kann man also tun, wenn die Zeit bis zum Abflug knapp wird?
• Genügend Zeit einplanen!
• Das Sicherheitspersonal rechtzeitig und deutlich darauf hinweisen, wenn man in Zeitnot gerät, und bitten, vorgelassen zu werden. (Tut man dies nicht, so kann das hinterher vom Gericht als Eigenverschulden ausgelegt werden! Amtsgericht Erding, 2016, AZ 8 C 1143/16)
• Sammeln Sie Beweise dafür, dass Sie rechtzeitig vor Ort waren, z.B. Namen und Kontaktdaten von Mitreisenden, Fotos der Schlange und von Anzeigetafeln mit Uhrzeit. Notieren Sie auch die Gesamtzeit der Abfertigung sowie die Zahl der Sicherheitsmitarbeiter.

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